index

texts

 

FRAGEN AN BILDHAUER/-INNEN

Sara Burkhardt: Was ist für Sie Skulptur (heute)?

RG: Alles eignet sich, Skulptur genannt zu werden. Es ist das jedoch verschieden vom Beuys’schen ‘Jeder ist ein Künstler’-Begriff, weil ich die Frage, was ist Skulptur vom Kontext und vom Kunstwollen des Künstlers abhängig mache. Das lässt sich auch auf die Fragen nach dem skulpturalen Handeln und dem skupturalen Denken (so Ihre Frage) ausweiten. Ich sehe keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem skulpturalen Denken, Handeln und dem Skultpur genannten Ergebnis selbst. Reines Denken ohne Handeln, ohne Skulptur kann nicht “skulpturales Denken” genannt werden, sondern Denken, Vorstellen, - und sollte es mit Skizzen kommen – Skizzieren.

Beeinflusst Skulptur Gesellschaft? Inwiefern?

RG: Ja. Kunst beeinflusst Gesellschaft, egal ob es sich um Zeichnungen, Performances, Bilder oder dreidimensionale Objekte handelt. Das beginnt schon alleine dadurch, dass Leute Kunst schaffen, Kunst rezipieren, in Umlauf bringen - in monetarisierter Form oder nicht -, dass Kunst gesammelt wird und studiert und all das noch einen Anspruch auf Sinnvermittlung, Erinnerungsarbeit und den Einfluss auf gesellschaftliche Diskurse erhebt. Die Formen der Einflussnahme sind unzählige und reichen von exemplarischer existentieller Sinngebung von Teenagern – z. B. die Identifizierung mit Künstlern - bis zur Gewinnabschöpfung lukrativer Investmentportfolios, die mit Kunstpositionen gefüllt sind.

Welche Fragen sind für Sie als Bildhauer relevant?

RG: Für mich ist alles relevant was mich persönlich direkt oder indirekt betrifft – und das sage ich als Mensch mit all meinen Funktionen, Verantwortungen, Zwängen und Freiheiten. Ich mache also keinen großen Unterschied zwischen Künstler / Bildhauer und allen anderen Dingen, die mich täglich bewegen, erfreuen oder nerven. Künstlerische Probleme, die es irgendwie zu lösen gilt, habe ich keine. Jede Situation, in der ich als Künstler agieren möchte oder sollte, ist eine neue und kann prinzipiell neu gelöst werden. Es gibt hier kein a priori künstlerisches Problem.

Ist Skulptur ein wichtiger Bestandteil von Bildung oder sollte dies(er) sein? Warum?

RG: Ja, aber wiederum möchte ich diese Frage generalisieren und affirmativ beantworten: Sollte Kunst Teil von Bildungsangeboten sei? Kunst ist ein Feld, wo nicht-instrumentelles, spielerisches, ästhetisches, ideosynkratisches und ethisches Handeln angesagt ist, dass nicht antizipierbar sein sollte. Kunst, die berührt, die uns was angeht und bewegt muss Teil einer Bildung sein, die nicht nur aus richtigem Setzen von Kreuzchen in Quadrate bestehen sollte.

Inwiefern kann Skulptur Teil von Kunstunterricht an Schulen sein? Was ist für Sie vorstellbar?

RG: Just do it. Ich glaube, wir können damit beginnen, jedes dreidimensionale Objekt uns genauer anzusehen – und davon ausgehend, künstlerische und andere relevante (ästhetische, funktionale, das Design betreffende persönliche, gesellschaftliche, produktionsspezifische, - carbon foot print, Entsorgung usw.) Fragen stellen.

Macht die Differenzierung der Kunst in die Gattungen Malerei, Zeichnung, Skulptur, Film … heute noch Sinn, vor allem auch unter kunstpädagogischer Perspektive?

RG: Wie Sie in meinen Antworten oben schon erahnen können, finde ich es nicht sehr wichtig, hier auf althergebrachte Differenzierungen zu insistieren, wenn heutige Kunstpraxis dieses schon lang ignoriert. Es könnte Sinn machen, Schwerpunkte zu setzten und auf die Präferenzen der jeweiligen Situation, der betroffenen Schüler usw.. einzugehen, aber generell finde ich diese Einteilung nur noch historisch interessant, jedoch für mich nicht mehr praktisch relevant, was aber nicht heißen sollte, dass ich jemanden dazu zwingen möchte, sich für alles zu interessieren. Man sollte Schüler für alles interessieren, Ihnen alles vorstellen und deren Vorzüge respektieren, bzw. noch fördern.

Differenzieren Sie begrifflich exakt zwischen Skulptur, Plastik, Bildhauerei?

RG: Der Unterschied zwischen Bildhauerei und den restlich Kunstdisziplinen ist für mich nur in solchen Momenten relevant, wenn ich Studenten gegenüber stehe, die in meine Klasse kommen möchten, ohne mich von ihren künstlerischen Interessen zu überzeugen. In solchen bedauerlichen Fällen verweise ich mitunter die Studenten mit dem Argument in Klassen anderer Disziplinen, dass mich eher mehrdimensionales Denken interessiert.

__________________________________

Jun.-Prof. Dr. Sara Burkhardt

Kunst und ihre Didaktik mit dem Schwerpunkt neue Medien

Technische Universität Dresden