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ALFRED JARRY

 

 

 

Quer durch die Alpen - Fahrrad, Gott und …kologie

Maximilian Lšsch: (kunstmagazine FRANZ) - SŸdtirol , 2012

 

Alfred Jarry's Kuh beschŠftigt sich mit der Berechnung der OberflŠche Gottes, wie lange braucht es nun mit ihrem Fahrrad einmal die Runde zu fahren?

Rainer Ganahl:

Kein Ahnung, denn Gott ist jenseits meiner mir zugŠnglichen VermessungsreprŠsentatione.n Er ist auch auf Google-Map oder Google-Astronomie nicht lokalisierbar. Man findet ihn aber oft in der Rubrik Politik, wo er insbesonders in diesen Tagen wegen gewisser Buchzerstšrungen fŸr Aufregung sorgt. Auch im gerade stattfindenden US Wahlkampf hat Gott entscheidende Mitsprache, bzw. Leute, die mit Gott auf den Fahnen sich fŸr Kandidaten einsetzen, deren Politik aber wie schon unter George W. Bush Ð ebenfalls ein selbsternannter crusader, dt. Kreuzritter - sicherlich wieder zu Schaden kommen werden. Nun, sollten all jene, die derzeit viel Sprit verbrauchende Vehikel fahren auf FahrrŠder umsteigen, wŠre all jenen Dingen, Wesen und OberflŠchen gedient Ð sie wŸrden vielleicht sogar berechenbar - , fŸr die der Legende nach Gott das Copyright haben sollte. Alfred Jarry hat Gott im Kšnig UBU als eine wesentliche Figur des 20igsten Jahrhunderts skiziert und das schon mehrere Dekaden vor dem Beginn jenes mšrderiischen Jahrhunderts. Gott bei ihm findet in der Passion Christi als Bergradrennen einen wunderschšnen, dem Zeitalter der Erfindung des Fahrrads Angemessen Leidensweg , den er Ð nach seinem fatalen Umfall in der Luft fortsetzt.

Maximilian Lšsch:

Kunst und …kologie... Mšchten Sie eine "wachrŸttelnde" Botschaft in ihrer Arbeit vermitteln, ist dies fŸr Sie ein wichtiger Teil Ihrer Arbeit als KŸnstler?

Rainer Ganahl:

Nun. Das Fahrradmanifest ist škologisch in der Sto§richtung, aber de facto geht es um die faire und humane Nutzung des Stadtraums, der derzeit vorwiegend den Stra§enverkehr privilegiert. Es geht mir dabei nicht um Kunst, sondern um eine verŠnderte Umwelt, die nicht nur škologischer ist, sondern fŸr mich als Mensch und Stadtbewohner angenehmer sein wird. Ich verwende hier nur meine Rolle als KŸnstler, auf Dinge mit relative wenig Aufwand auf Dinge aufmerksam zu machen, die ansonsten gro§e Anstrengung und politische Arbeit verlangen. Ich schŠtze Leute sehr, die die Ÿblichen politischen Prozeduren auf sich nehmen, um sich fŸr eine Sache etwas Gehšr zu schaffen. Ich bin froh, dass es Momente gibt, wie etwa hier in Bozen in diesen Tagen oder in Wien im Mai, wo ich die gewisse mir geliehene kurze Aufmerksamkeit als KŸnstler auch fŸr solche Belange nŸtzen kann. Ich mach das aber vorallem als BŸrger, als Fahrradfahrer, als Stadtmensch, als jemand, der an die Beeinflu§barkeit politischer Prozesse glaubt und Stadtraumnutzung als verhandelbar und umstritten und nicht einfach als gegeben ansieht. Die Kunst ist hier nur eine flexible Plattform, die mir fŸr die paar Minuten dazu nŸtzlich ist. Wenn das Rampenlicht so schnell wieder weiterzieht wie es kommt, darf ich wieder wie ein Schlafwandler transartig den Dreck der Autos einatmen, mich aggressive knapp anfahren lassen und nur kopfschŸttelnd die Zeitungen lesen. Dank des Internets kšnnen wir nun auch alle zurŸckschreiben und unseren Anliegen mit anderen Besorgten, ob KŸnstler oder nicht, zusammentragen und unter uns und fŸr uns veršffentlichen, diskutieren und kritisieren. Es gibt also eine …ffentlichkeit, die auch ohne KŸnstler wunderbar auskommt. Und das ist gut so und wo durch auch Kunst profitiert.

Maximilian Lšsch

I wanna be... der Wunsch etwas Anderes zu sein... ein GrundbedŸrfnis des Menschen?

Rainer Ganahl:

I wanna be ist nicht so sehr der Wunsch etwas anderes zu sein, sondern auf etwas anderes hinzuweisen. Weder beneide ich Alfred Jarry, der sich mit 34 Jahren zu Tode gesoffen und gekifft hat noch mšchte ich wirklich ein Chinese sein, wenn ich auch deren im Westen všllig verkannten und mit Arroganz und Ignoranz begegneten Leistungen sehr bewundere. Ich habe weder Lust auf die chinesischen repressiven staatlichen Institutionen, noch auf deren willkŸrliche Korruption und die damit zusammenhŠngenden Aggressionen. Auch ist die chinesische Modernisierungspraxis nur schwer verdaulich und die damit zusammenhŠngende Luftverschmutzung ebenfalls nichts fŸr mich. Dennoch aber kann man von den Chinesen genausoviel Lernen wie von Alfred Jarry Ð und darum geht es mir. Alfred Jarry antwortet auf die Frage nach den Grenzen menschlicher LeistungsfŠhigkeit mit leistungssteigernden Drogen (Perpetual Motoin Food)